18.04.2023

Wie umweltfreundlich sind Elektroautos?

Elektromobilität
Ratgeber
Dem Elektroauto wird eine bessere Umwelt-Bilanz als Verbrenner-Fahrzeugen nachgesagt. Stimmt das?
Skoda Enyaq parkend auf einem Platz vor Bäumen.

Batterie, Rohstoffabbau, seltene Erden und Entsorgung. Vier Begriffe, die einer Diskussion über Mobilität eine völlig neue Dimension verleihen - sachlich, historisch, emotional. Seit das Elektroauto von Automobilkonzernen, Energieversorgern und Regierungen als potenziell Energiewende-tauglich befunden wurde, wird dessen CO2-Bilanz heftig debattiert. Fakt ist: Die Herstellung von Fahrzeugen im Allgemeinen und solcher mit Batterie im Speziellen ist CO2-intensiv und energieaufwendig. Oft wurde dem Elektroauto gar eine schlechtere CO2-Bilanz als Fahrzeugen mit Verbrennungsmotoren nachgesagt. Ob das stimmt? Wir klären auf!

UniBW M: Elektroauto hat die beste CO2-Bilanz aller Fahrzeuge

Eine aktuelle und mit 790 untersuchten Fahrzeugen sehr umfangreiche Studie hat die Universität der Bundeswehr München im Februar 2022 veröffentlicht. Das Ergebnis: Elektroautos weisen bei Verwendung von Ökostrom ein bis zu 89 % großes CO2-Einsparungspotenzial im Vergleich zu Fahrzeugen mit Verbrennungsmotor auf. Demnach sei die Produktion von batterieelektrischen Fahrzeugen im Vergleich die emissionsintensivste, in der Gesamtbetrachtung mit Nutzung und Recycling hingegen schneiden sie besser ab als klassische Verbrenner.

TU Eindhoven: Nach 11.000 bis 30.000 km ist das E-Auto grüner

2020 veröffentlichte die Technischen Universität Eindhoven eine Studie, die die Umweltauswirkungen von Elektroautos und Verbrennern verglich. Ergebnis: Je nach Strommix (bei Produktion und Verwendung) und Batteriegröße hat das Elektroauto nach 11.000 bis 30.000 Kilometern die sauberere Weste. Diese Verbesserung ist hauptsächlich darauf zurückzuführen, dass die Forscher ihre Modellberechnungen auf realitätsnähere Werte für den Energieverbrauch bei der Batterieherstellung und die Lebensdauer der Batterie stützen. Moderne Batterien sind durchaus in der Lage, 250.000 Kilometer zu überdauern und werden anschließend recycelt oder einem zweiten Lebenszyklus zugeführt.

Yale-Studie: Elektroautos besser, auch in der Herstellung

Ein überraschendes Ergebnis bringt eine im Dezember 2021 veröffentlichte Studie auch das CO2 aus dem Abbau und der Raffinierung des Rohöls bedenken und einpreisen. Die Studie berücksichtigte außerdem künftige technologische Veränderungen wie die Dekarbonisierung der Stromversorgung, wodurch das Ergebnis verstärkt wurde.

Ken Gillingham, Mitarbeiter an der Studie: "Ein großes Problem bei Elektrofahrzeugen ist, dass die Lieferkette, einschließlich des Abbaus und der Verarbeitung von Rohstoffen und der Herstellung von Batterien, alles andere als sauber ist [...] Wenn wir also den Kohlenstoff, der in diesen Prozessen enthalten ist, in den Preis einbeziehen würden, wäre die Erwartung, dass Elektrofahrzeuge exorbitant teuer wären. Es hat sich herausgestellt, dass das nicht der Fall ist. Wenn man das Spielfeld ausgleicht, indem man auch den Kohlenstoff in der Lieferkette von Fahrzeugen mit fossilen Brennstoffen bepreist, würde der Absatz von Elektrofahrzeugen sogar steigen.

Auch Abbau und Raffinierung von Rohöl mit einbeziehen

Um den CO2-Rucksack von Elektroautos und Verbrennern auf Augenhöhe vergleichen zu können, ist es wichtig, auch den Rohöl-Abbau und dessen Raffinierung in die Rechnung mit aufzunehmen. Unser Treibstoff fällt leider nicht vom Himmel, sondern muss energie- und CO2-intensiv verarbeitet werden. Stephanie Weber, Postdoktorandin der Yale-Studie: "Das Überraschende war, wie viel niedriger die Emissionen von Elektrofahrzeugen waren. [...] Die Lieferkette für Verbrennungsfahrzeuge ist einfach so schmutzig, dass Elektrofahrzeuge sie nicht übertreffen können, selbst wenn man die indirekten Emissionen (Herstellung etc., Anm.) berücksichtigt."

Elektroauto: Batterie und Strommix entscheiden

Die CO2-intensivste Komponente des Elektroautos ist die Batterie. Ihre Herstellung ist energieintensiv, außerdem müssen seltene Rohstoffe verarbeitet werden. Umso grüner der Strom für die Herstellung ist, umso öfter Komponenten wiederverwendet werden können, und umso mehr Rohstoffe aus einem (im besten Fall geschlossenen) Recycling-Kreislauf stammen, umso besser ist auch die CO2-Bilanz der Batterien. Das betrifft übrigens nicht nur unsere fahrbaren Untersätze: Auch in Handy, Laptop, Tablet und Co. sind Lithium-Ionen-Batterien verbaut. Wer der Umwelt also Gutes tun möchte, kann sein Smartphone ein paar Jahre länger verwenden.

Und was passiert mit der Elektroauto-Batterie, wenn sie defekt ist?

Lithium-Ionen-Batterien bestehen aus verschiedenen Rohstoffen, die teilweise schwer zu gewinnen oder selten in ihrem Aufkommen sind. Das betrifft natürlich nicht nur Elektroautos: Ein größerer Anteil der Batterieproduktion entfällt nach wie vor auf Smartphones, Fernseher und Konsorten. Jedenfalls: Wenn eine Batterie dann irgendwann aus ihrem Autoleben scheidet, wäre es schade, wenn diese Rohstoffe weggeschmissen würden. Das heißt: Wiederverwenden! Wie genau das funktioniert, haben wir in unserem Artikel zur Kreislaufwirtschaft zusammengefasst. Kurz und bündig:

  • Erstens halten die Batterien von Elektroautos erstaunlich lange (hier unser Artikel zur Haltbarkeit. Renault Deutschland hat kürzlich verlautbart, dass 99 % aller verkauften Elektroauto-Batterien (seit 2011) noch im Einsatz seien. Auch die Österreichische Post AG hat in all ihren Elektrofahrzeugen noch zumindest 70 % Kapazität. Not bad!
  • Zweitens können Sie nach ihrer Zeit im Auto wunderbar noch für stationäre Speichersysteme genutzt werden - ihre Kapazität reicht dafür noch locker aus.
  • Und drittens: Wenn die Batterie irgendwann unbrauchbar ist, wird sie so gut wie möglich recycelt. Im besten Fall in einem "Closed Loop Recycling", also einem geschlossenen Recycling-Kreislauf.